Wie steht es um die Menschenrechtslage auf den Philippinen? Der „Krieg gegen die Drogen“, ausgerufen durch den ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte, hat unzähligen Menschen das Leben gekostet. In den 6 Jahren seiner Regierungszeit wurden in Verbindung damit tausende Menschen, darunter 220 Menschenrechtsaktivist*innen getötet, und die Regierung überzog alle, die es wagten, ihre Meinung zu sagen, mit Verleumdungskampagnen: Die Journalistin Maria Ressa und meine ehemalige Partnerin im parlamentarischen Solidaritätsprogramm Sarah Elago waren Opfer dieser Kampagnen.
Im Mai letzten Jahres wurde Ferdinand Marcos junior zum Präsidenten gewählt. Wird sich die Situation mit der neuen Regierung verbessern? Das wollten eine Delegation des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments bei einer Reise im Februar herausfinden – ich war Delegationsleiterin.
Während der Reise hatten wir ein straffes Programm: Unter anderem trafen wir uns mit Mitgliedern der Ausschüsse für Justiz im Senat und im Repräsentant*innenhaus, mit diversen Ministern, mit Mitgliedern der Menschenrechtskommission, Vertreter*innen der Vereinten Nationen, Organisationen der Zivilgesellschaft, Gewerkschaftsvertreter*innen und Journalist*innen.
Eines der Themen dabei war der Wiederbeitritt der Philippinen zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs. Für mich wäre dies ein wichtiger Schritt dafür, dass die Philippinen weiterhin auf privilegierte Handelsbeziehungen zur EU setzen können, schließlich ist das sogenannte Handelssystem APS+ an Fortschritte bei den Menschenrechten geknüpft. Zwar hat Präsident Marcos angekündigt, beim sogenannten „Krieg gegen Drogen“ in Zukunft eher auf Prävention und Rehabilitation zu setzen. Aber es gibt weiterhin Berichte über außergerichtliche Hinrichtungen, und die Hinrichtungen der letzten Jahre werden nur sehr sehr schleppend aufgearbeitet, wenn überhaupt. Es ist besonders wichtig, jeden dieser Fälle zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
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Leila de Lima: „Ich will endlich frei sein!“
„Red Tagging“ (die Praxis, Einzelpersonen und/oder Organisationen als linksgerichtet, subversiv, kommunistisch oder terroristisch und damit als „Staatsfeinde“ zu brandmarken) bleibt auf den Philippinen weit verbreitet und dient dazu, Kritiker*innen mundtot zu machen. Bei unseren Treffen forderten wir ein effektives Ende dieser Methode – und wir wiesen darauf hin, dass es endlich ein ambitioniertes Gesetz zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen braucht.
Ein weiteres Thema bei unseren Gesprächen war die fortdauernden Diskriminierung von Frauen und Mädchen (u.a. im Hinblick auf sexuelle und reproduktive Rechte) und die Rechte indigener Völker. Hier ging es auch um den Zugang zu Land und Bemühungen zur Konfliktlösung in Mindanao – diese Region ist mir selbst besonders bekannt, weil ich für meine Doktorarbeit dort im Jahr 2009 geforscht habe und auch später immer wieder vor Ort war.
Besonders wichtig war uns ein Besuch bei Ex-Senatorin Leila De Lima im Gefängnis. Die ehemalige Senatorin sitzt nun schon seit sechs Jahren in Haft, die Anklage beruht auf politisch motivierten Vorwürfen. Sie war eine der ersten, die den ehemaligen Präsidenten Duterte wegen seines „Kriegs gegen die Drogen“ kritisierte und die Einleitung von internationalen Ermittlungen forderte. Die gegen sie anliegenden Anschuldigungen fallen immer mehr in sich zusammen, zentrale Zeugen haben nach dem Regierungswechsel ausgesagt, ihre belastenden Aussagen seien haltlos und auf externen Druck zurückzuführen. Wir forderten die sofortige und bedingungslose Freilassung von Leila De Lima und allen anderen politischen Gefangenen. Und sie selbst sagte: „Für mich ist es jetzt an der Zeit, endlich frei zu sein!“
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„Hold the Line“: Besuch bei Rappler
Ein weiteres Highlight für mich war der Besuch bei Rappler. Das Medienunternehmen, gegründet von Maria Ressa, hatte als erstes über Dutertes sogenannten „Krieg gegen Drogen“ berichtet. Seitdem werden Maria Ressa und Rappler-Journalist*innen schikaniert und mit „Red Tagging“-Vorwürfen überzogen. Daher ist „Hold the Line“ der Slogan von Rappler geworden: Die Plattform will sich weiterhin gegen Angriffe und Einmischung in seine Berichterstattung zur Wehr setzen und Fake News und Desinformation bekämpfen. Wir waren überaus beeindruckt von der Arbeit aller, die sich für die Pressefreiheit auf den Philippinen einsetzen – und ich habe eine kleine Nachricht für sie hinterlassen:
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Bei unserem Besuch ist klar geworden: Die neue Regierung ist deutlich offener, Fragen der Menschenrechte und der Pressefreiheit zu diskutieren. Das ist durchaus ein ermutigendes Zeichen – ob konkrete Veränderungen folgen werden, bleibt aber abzuwarten. Viele der zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, die wir trafen, waren auch ob der Erfahrungen in den vergangenen Jahren, skeptisch.
Als Delegation haben wir Maßnahmen bei der Bekämpfung der Straflosigkeit, zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen und zur Umsetzung internationaler Arbeitsnormen und Menschenrechtsabeinkommen angemahnt – und im Hinblick auf die Abkommen technische Unterstützung vonseiten der EU und Treffen zum Erfahrungsaustausch angeboten. Bei der Aufarbeitung der extra-legalen Tötungen gibt es bereits eine Unterstützung der nationalen Menschenrechtskommission, mehr Kooperation ist hier durchaus möglich.
Das Interesse der Presse an unserem Besuch war außerordentlich hoch. Besonders gefreut habe ich mich, ABS-CBN News ein Interview zu geben. Der Sender hat unter Duterte seine Sendelizenz verloren und sie noch immer nicht zurückerhalten. Hier seht ihr es in voller Länge:
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Mehr InformationenDie Pressemitteilung des Menschenrechtskomitees zu unserem Besuch findet ihr hier. Wir werden die Themen in den kommenden Wochen in einer Sitzung des Menschenrechtsausschuss aufgreifen und bleiben auch ansonsten am Ball. Danken möchte ich noch meinen mitreisenden Kolleg*innen Isabel Wiselar-Lima, Karsten Lucke, Silvia Sardone, Ryszard Czarnecki und Miguel Urban Crespo für die kollegiale Zusammenarbeit sowie der EU-Delegation in Manila und ihrem Botschafter Luc Veron.