Ein „falsch sitzender“ Hijab: Deshalb musste die junge Kurdin Jina Mahsa Amini sterben. Am 16. September erlag sie ihren schweren Verletzungen, drei Tage nachdem sie durch die iranische sogenannte „Sittenpolizei“ festgenommen und brutal verprügelt worden war. Das Kopftuch ist für Frauen im Land gesetzlich vorgeschrieben, sie werden also gezwungen, den Hijab zu tragen. Die „Moralpolizei“ greift sich immer wieder willkürlich Frauen heraus, die ihrer Meinung nach diese Vorschrift zu freizügig auslegen. Jina Mahsa Amini ist also leider kein Einzelfall.
Seit dem Tod der 22-Jährigen kommt es in Iran Tag und Nacht zu Protesten. Iranische Frauen sind aufgebracht über das Schicksal von Jina Mahsa Amini, gehen auf die Straße, verbrennen ihre Kopftücher und schneiden sich symbolisch die Haare ab. Aber auch viele Männer demonstrieren für Frauenrechte. Die Protestierenden sind nun Gewalt und Festnahmen durch die iranische Polizei ausgesetzt. Viele sind schon zu Tode gekommen. Weltweit demonstrieren inzwischen Menschen für die Grundrechte der iranischen Frauen. Ich bin ebenfalls in Berlin auf die Straße gegangen.
“Keiner bringt Frauen mehr zum Schweigen. Wenn sie Eine schlagen, sprechen 10 umso lauter.”
Kommt morgen 17:00 zur Demo am Brandenburger Tor.#Iran #JinaMahsaAmini #MahsaAminii pic.twitter.com/3uTEYXLfi6— Hannah Neumann (@HNeumannMEP) September 27, 2022
#MahsaAmini wurde nur 22 Jahre alt. Mutige Iraner*innen protestieren nach ihrem Tod überall im Land – und riskieren ihr Leben.
Als #EU müssen wir ebenfalls Flagge zeigen: Für die kommende Woche haben @GreensEFA eine #Plenardebatte zum Thema beantragt. #Iran #مهسا_امینی pic.twitter.com/1xjwkEWUbF— Hannah Neumann (@HNeumannMEP) September 26, 2022
Neben dem Tod Jina Mahsa Aminis und der Diskriminierung der iranischen Frauen gibt es weitere Ursachen für die Unzufriedenheit der Iraner*innen: Die wirtschaftliche Situation ist angesichts von Sanktionen und der Pandemiefolgen miserabel, die Umweltzerstörung macht dem Land mehr und mehr zu schaffen – und sicherlich spielt auch eine Rolle, dass Jina Mahsa Amini Kurdin war. Schließlich werden Kurd*innen im Land seit Jahrzehnten systematisch unterdrückt. Nicht zuletzt sind insbesondere Menschen aus der LGBTQI+-Community in Gefahr. So wurde Zahra Sedighi-Hamadani, bekannt als Sareh, kürzlich aufgrund von sexueller Orientierung und des friedlichen Einsatzes für LGBTQI+-Rechte zum Tode verurteilt.
Die EU muss Flagge zeigen
Die EU muss sich nun deutlich gegen das iranische Regime stellen und mit den Iraner*innen solidarisieren. Im Europäischen Parlament hat diese Woche eine Plenardebatte zum Thema stattgefunden, die wir als Grüne beantragt hatten. In einem Beschluss fordert das Europäische Parlament:
- Die EU muss gezielte Sanktionen gegen diejenigen Führungskräfte des Regimes sowie Mitglieder der so genannten „Sittenpolizei“ verhängen, die für den Tod Jina Mahsa Aminis und die Gewalt gegen Demonstrant*innen verantwortlich sind.
- Die EU sollte überprüfen, ob bestehende Sanktionen gelockert werden können, sodass EU-Anbieter den Protestierenden Zugang zu bestimmten Online-Tools und -Plattformen geben dürfen. Die iranische Regierung hat zeitweise das Internet blockiert, um die Protestbewegung zu schwächen – hier könnte ein Zugriff auf europäische Dienste helfen.
- Zur Unterstützung von Menschenrechtsverteidiger*innen im Iran sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Schutzmaßnahmen verstärken. Hier können zum Beispiel die in den EU-Leitlinien für Menschenrechtsverteidiger*innen vorgesehenen Mechanismen genutzt werden, insbesondere, um Frauenrechtsverteidiger*innen und EU-Doppelstaatler*innen zu schützen. Dazu gehören zum Beispiel Notfallzuschüsse, Notfallvisa und Gefängnisbesuche bei Inhaftierten.
Zeitgleiche Proteste in Afghanistan
Der Protest der Iraner*innen geschieht zeitgleich mit Protesten in Afghanistan. Seit der Machtübernahme der Taliban vor etwa einem Jahr werden dort Frauen und Mädchen systematisch unterdrückt und vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Entgegen der Ankündigungen des neuen Regimes dürfen Mädchen nicht mehr zur Schule gehen und Frauen wird der Zugang zu Arbeit verwehrt. Seit über einem Jahr stellen sich mutige Afghan*innen den Taliban entgegen und demonstrieren für Grundrechte. Nach dem Anschlag auf eine Kabuler Privatschule vor einigen Tagen, bei dem insbesondere Mädchen getötet wurden, fordern Frauen auf den Straßen wieder täglich ihr Recht auf Bildung.
Wir dürfen die Afghan*innen und Iraner*innen, die ihre Stimmen erheben, nicht alleine lassen. #BeTheirVoice ist einer der Hashtags, die seit Beginn der Proteste im Iran viral geworden sind: Weil das Regime im Iran und die Taliban in Afghanistan versuchen, die Stimmen der Protestierenden zum Schweigen zu bringen, müssen wir sie hier umso mehr verstärken!
Seht hierzu auch meinen Redebeitrag im Europäischen Parlament im Unterausschuss für Menschenrechte:
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