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Gerichtsurteil zum Hafenprojekt: Diese Fragen bleiben

Das Verwaltungsgericht in Warschau hat entschieden: Der Bau des umstrittenen Containerhafens im polnischen Swinemünde darf erfolgen. Die Klage der polnischen und deutschen Bürgerinitiativen „Grüne Inseln“ und „Lebensraum Vorpommern“ mit Unterstützung der Gemeinde Heringsdorf wurde abgewiesen. Damit ist der Weg für die ersten  Bauabschnitte frei – trotz massiver Bedenken von Umweltverbänden, Fachleuten und Anwohnerinnen und Anwohnern auf beiden Seiten der Grenze.

Ich nehme die Entscheidung des Gerichts mit Respekt zur Kenntnis. Doch für mich bleibt die zentrale Frage offen: Entspricht dieses Projekt tatsächlich den Anforderungen des europäischen Umweltrechts?

Konsequente Umsetzung des Umweltrechts statt Umgehungsstrategien

Der Bau des Containerterminals und die geplante neue, rund 65 Kilometer lange Fahrrinne gehören untrennbar zusammen. Nur gemeinsam ermöglichen sie den Betrieb des geplanten Hafens. Dass diese beiden Maßnahmen dennoch getrennt auf ihre Umweltwirkungen geprüft wurden, widerspricht aus meiner Sicht dem europäischen Umweltrecht. Die geltende EU-Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung schreibt vor, dass miteinander verbundene Maßnahmen auch gemeinsam bewertet werden müssen – insbesondere dann, wenn sie sich gegenseitig in ihren Auswirkungen verstärken. Genau das ist hier der Fall.

Diese „Salamitaktik“ erinnert stark an den Ausbau der Oder, bei dem ähnliche Umgehungsstrategien angewendet wurden. Es darf nicht sein, dass Großprojekte durch formale Aufspaltung Umweltauflagen unterlaufen. Umweltrecht muss nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Umsetzung konsequent gelten.

Die Zukunft liegt in nachhaltiger Wirtschaft

Auch aus wirtschaftlicher Perspektive bleiben viele Fragen offen. Die polnische Regierung hat bis heute keine überzeugenden Analysen zur langfristigen Wirtschaftlichkeit des Projekts vorgelegt. Der Containerumschlag in der Ostsee stagniert, große Containerschiffe fahren diese Route kaum noch an. Zeitgleich setzen viele Reedereien wieder verstärkt auf kleinere Frachter. Warum also ein Mega-Hafen mitten in diesem sensiblen Natura-2000-Schutzgebiet?

Die Region profitiert schon seit Längerem auch wirtschaftlich von nachhaltigem Tourismus, dessen Grundlage die einzigartige Natur der Küste von Usedom und Wolin ist. Wer diese Grundlagen gefährdet, riskiert nicht nur ökologische Schäden, sondern auch Arbeitsplätze und Lebensqualität auf beiden Seiten der Grenze. Daher ist die Zurückhaltung der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns nicht nur enttäuschend, sondern auch fahrlässig.

Energiepolitik darf nicht auf Kosten der Umwelt gehen

Neben dem Hafenbau steht auch die geplante Erschließung neuer Öl- und Gasfelder in der Ostsee im Raum. Ich kann den Wunsch Polens nach mehr Energiesouveränität nachvollziehen. Aber neue fossile Abhängigkeiten schaffen keine langfristige Sicherheit – sie gefährden das Klima, die Natur und die wirtschaftliche Zukunft der Küstenregion. Unsere gemeinsame Zukunft liegt in erneuerbaren Energien, nicht in Öl und Gas aus dem Meer.

Die Ostsee ist kein Industriehafen, sondern ein einzigartiges Ökosystem. Sie ist bereits heute eines der am stärksten belasteten Meere Europas. Wer ihren Zustand verbessern will, muss endlich anfangen, Großprojekte kritisch zu hinterfragen und klare Grenzen zu setzen.

Ich hoffe, dass die Verantwortlichen in Polen, Deutschland und auf europäischer Ebene diese Dimension erkennen. Noch ist es nicht zu spät, diese Projekte zu überdenken. Es braucht ein offenes Ohr für die Menschen in der Region, einen respektvollen Dialog zwischen den Nachbarländern und einen klaren Blick auf das, was langfristig wirklich sinnvoll ist.

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